Der tierärztliche Stellenmarkt sprudelt vor Stellenangeboten, die heutigen Jobsuchenden haben die Qual der Wahl, sei es Pharmaindustrie, Behörden, Futtermittelhersteller, Beratungsunternehmen, Universitäten, etc suchen tierärztliche Arbeitnehmer. Ganz nebenbei bemühen sich auch die ureigensten Beschäftigungsgeber der Tierärzte, die Praxen und Kliniken um die frischgebackenen Fachkräfte sowie die berufserfahrenen Kollegen/-innen.
Kurzum der Fachkräftemangel ist auch in diesem Bereich bereits Realität und stellt jede tierärztliche Praxis vor die Herausforderung Personal zu gewinnen und zu halten. Die Studierenden- und Absolventenzahlen sind seit Jahrzehnten stabil, die Studierendenzahlen pendeln sich je Semester bei um die 6.000 (betrachtet seit 1998) ein und die Absolventenzahlen bei um die 850 (betrachtet seit 1990).[1]
Oben drauf kommen hier auch noch strukturellen Veränderungen innerhalb der „Szene“, wie die Bildung von großen Praxis-/Klinikketten und der Wegfall von kleinen, inhabergeführten Praxen, die auch so einigen Schwung in die Tierärztewelt bringen.
Die vielgestellten Fragen, „Wo kommen all die Tierärzte hin (bei gleichbleibenden Absolventenzahlen)? Wie löst man diesen „Tierärztemangel“?“ wurden und werden in unzähligen Studien/-arbeiten, Publikationen etc. behandelt und aus verschiedenen Perspektiven versucht zu beantworten. Darauf wollen wir an dieser Stelle gar nicht hinaus, weil wir das als kleine Gemischtpraxis im Bayerischen Wald sicher nicht lösen werden, aber dennoch wollen wir hier uns eine kleine Vermutung nicht verkneifen: Der Hinweis war schon weiter oben mit „Qual der Wahl“. Das Jobspektrum aus dem heute gewählt werden kann, ist an Vielfalt kaum zu überbieten, die Veterinärwissenschaft ist in vielen Bereichen gefragt, auch in denen man es als Laie zuerst gar nicht vermutet. Beispielsweise bei Unternehmensberatungen, welche bezüglich Beratungsleistungen bei großen Klinikketten bzw. deren Investoren engagiert werden und hier ist dann natürlich das entsprechende Fach- bzw. Branchenwissen gefragt. Diese Tierärzte verschwinden dann auch aus der Statistik der Bundestierärztekammer e.V. bezüglich praktizierender Tierärzte, somit Businessanzug statt grüner Kittel. Auch sind durch den medizinischen und technologischen Fortschritt völlig neue Jobfelder entstanden, zum Glück natürlich, aber für uns als Tierarztpraxis eher ungut.
In so mancher „schwachen“ Minute, wenn man mit Personalunterdeckung zu kämpfen hat, da wünscht man sich zum Beispiel die Abschaffung des Numerus Clausus (NC) oder das Modell „Landarzt“ (Medizinstudenten verpflichten sich nach dem Studium in einer ländlichen Region zu praktizieren). In der ganz verrückten und kreativen Denkschmiede wäre auch die Schaffung eines Studienganges „Veterinär-Pharmazie“ möglich, ein spezieller Studiengang um die Arzneiversorgung, Labortätigkeiten oder Forschungsansprüche rund um die Tiermedizin abzudecken, ähnlich z.B. eines Apothekers oder Laboranten in der Humanmedizin. Dadurch könnten mehr Studienplätze in der Veterinärmedizin geschaffen werden, die wieder den Anspruch haben sollte praktizierende Tiermediziner auszubilden. Das Tiermedizinstudium könnte auch in wählbare Schwerpunkte gegliedert werden oder in Grundstudium und Aufbaustudiengänge wie es im aktuellen Studiensystem mit Bachelor-/Masterstudium üblich ist. Beispielsweise beginnen alle Studenten mit dem Grundstudium im Studiengang Veterinärmedizin und -pharmazie um gemeinsam die Grundlagen zu erlernen und dann sich aufzuteilen in die verschiedenen Aufbaustudiengänge (natürlich mehrere wählbar/kombinierbar), z.B. Rindermedizin, Pferdemedizin, Kleintiermedizin und Veterinärpharmazie. So oder so ähnlich schwirrt es einem durch den Kopf, wenn man seine „verrückten“ 5-Minuten durchlebt und den Personaldruck im Nacken hat. Oder anders gesagt, wenn einen die Leidenschaft für diese Branche zu fantasievollen Wünsch-Dir-Was-Lösungen treibt.
Die Ideen helfen uns leider so nicht weiter, aber was wir alles nicht unversucht lassen, gibt es im nächsten Teil zum Thema „Tierärztlicher Stellenmarkt“.
[1] Bundestierärztekammer e.V/ Deutsches Tierärzteblatt: Statistik 2022: Tierärzteschaft in der Bundesrepublik Deutschland; 2023; https://www.bundestieraerztekammer.de/btk/statistik/
Verfasser: Stefanie Hilmer